Sie reflektieren auf einen Porsche 911 und wissen noch nicht genau, welchen Sie sich gönnen sollen? Dann sollten Sie sich den neuen GTS einmal näher ansehen – der bietet für jeden Geschmack nahezu das Optimum.
Unser Testwagen war – sagen wir mal – eher finster konfiguriert. Dunkelgrauer Lack, mattschwarze Felgen mit Zentralverschluss, schwarzer Leder-Alcantara Mix, ebenso schwarzes Dach und feine Carbonintarsien wirken wie Darth Vader auf Kriegspfad. Dazu noch die passende Geräuschkulisse aus dem Sportauspuff, die auf Knopfdruck wählbar von leisem Anströmen über rotziges Röhren bis zu lustvollem Bollern beim Gaswegnehmen wechselt.
Porsche 911 Carrera 4 GTS Cabriolet – 450 PS, Allrad und Fetzendach – mehr 911 braucht keiner.
Leistungsmäßig tritt der GTS dem GT3 schon ziemlich nahe – die fehlenden 50 PS gehen niemandem ab, außer Sie heissen Walter Röhrl und halten sich des Öfteren auf der Nordschleife auf. Und sogar dort brennt der GTS eine lockere “siebenminutenpluseinpaarzerquetschte” Zeit in den Asphalt – falls sein Fahrer eben die “balls” dazu hat. Im Gegensatz zum GT3 blasen im GTS zwei Turbolader dem Dreiliter-Boxer den Marsch. Und das so gewaltig, dass wir uns eigentlich nicht vorstellen können, warum die Fans so dem Sauger nachjammern.
Was der GTS nicht hat, ist diese stringente Rennwagen-Mentalität, die ein Porsche-RS-Modell birgt. Da gibt’s noch eine erkleckliche Menge Restkomfort für den Alltag. Auch fehlt der starre RS-Flügel. Die verbreiterte Karosserie hat der GTS jedenfalls. Und auch wenn die wenigen Zentimeter am Papier eher marginal erscheinen – das Ding wirkt doch um einiges bulliger als ein normaler Carrera.
Sehr löblich der Allrad-Antrieb – schließlich will man sein Baby nicht ab November in die Garage stellen. Denn auch der Porsche 911 Carrera GTS kann und darf als Alltags-Sportwagen herhalten, welches sogar auf Schneefahrbahn eine Riesenhetz ist. Das Cabrio-Dach ist Geschmackssache, es verteuert den GTS frappant und empfiehlt sich aber schon alleine wegen seiner Sound-verstärkenden Wirkung. Und geschlossen sitzt es sowieso so stramm als wäre es aus Blech.
Öffnet man den GTS, wirkt das, als würde Darth Vader den Helm abnehmen.
Auf der Straße wird man wahrscheinlich niemals auch nur einen Hauch der gebotenen Leistung benötigen. Als Novize bewegt man sich die ersten Tage wahrscheinlich im “SPORT”-Modus. Man ballert mit offenem Klappenauspuff durch die Gegend, genießt die spät angesetzten Schaltpunkte des außerirdisch gut schaltenden PDK-Getriebes, bis man irgendwann selbst die Ohren voll hat oder von den lärmbelästigten Nachbarn gemaßregelt wurde.
Ab diesen Zeitpunkt genießt man auch die stressfreie Normalo-Mentalität des GTS beim Semmerlholen am Sonntagmorgen. Nach dem Frühstück geht’s dann sowieso im “SPORT+”-Modus auf den Track oder ins Hinterland, wo man dann laut brüllend jede noch so resche Kurve mit dem erlaubten Hunderter schnupft. Eben dort genießt man dann das brilliante Zusammenspiel aus perfekter Vorder- und Hinterradlenkung, super-bissiger Bremse und einem Fahrwerk, welches den Sportwagen geradezu mit der Fahrbahn verzahnt. Spätest dann wächst die Erkenntnis, dass die 200.000 Euro richtig gut angelegt waren.