Der klassische MINI zu klein, der Countryman zu groß, ein Dilemma tut sich auf. Hat sich mit dem Start des neuen MINI Aceman aber eh schon wieder erledigt.
Wie alle anderen Hersteller auch befindet sich MINI gerade im Umbruch. Wie sich am besten auf die E-Mobilität vorbereiten ohne am Weg dorthin sich selber und Kunden zu verlieren. Emotional besetzte Marken tun sich da naturgemäß schwerer, und emotionaler als MINI geht ja kaum. Gescheit ist, dass man weiterhin fossile Varianten anbietet oder jene die aus dem Programm fallen, als reinen Stromer neu auflegt. Heißt im konkreten Fall: Fossiler Clubman raus, elektrischer Aceman rein.
Unser Testwagen war ein Aceman SE Favoured Trim, also Top-Motor mit sportlichem Look. Angesichts von 218 PS und einem 54,2 kWh großen Akku erkennt man sofort, dass MINI weiterhin großen Wert darauf legt, sein dynamisches Image zu pflegen. Dafür opfert man auch den ein oder anderen Kilometer Reichweite zu Gunsten eines nicht ausartenden Gewichtes. 1.785 Kilogramm sind es dann doch geworden, dafür sind die laut WLTP 405 Kilometer Reichweite aber auch voll okay.
Das passt, weil so viertürig kann ein MINI gar nicht sein, als dass sein Primärziel nicht trotzdem die Freude am Fahren ist. Ergo dessen nahmen wir die Sportsitze mit Handkuss, erfreuten uns am straffen Fahrwerk, der direkten Lenkung und der hohen Kurvenkompetenz. Gewünscht hätten wir uns eine via Schaltwippen regulierbare Rekuperation. Der notwendige Umweg über ein Untermenü ist bei schneller Gangart keine wirkliche Alternative. Dafür agiert der adaptive Modus aber fehlerlos.
Kein Wunsch kam nach mehr Leistung auf. Die von 330 Newtonmetern unterstützten 218 PS sorgten für kräftigen Vortrieb ohne dabei an die orthopädischen Grenzen des Fahrers zu gehen. In 7,1 Sekunden sprintet der Aceman von 0 auf 100 km/h, der Vortrieb lässt erst in Bereichen nach, wo ein E-Auto eh nichts verloren hat. Geladen wird mit maximal 95 kW, klingt nicht viel, mehr kann man Schnellladern aber meistens eh nicht entlocken.
Dafür entlockt man den Passanten einiges an Aufmerksamkeit. Es beeindruckt immer wieder aufs Neue, wie MINI es schafft, sein Design weiterzuentwickeln und trotzdem für alle gut sichtbar ein MINI zu bleiben. Beim Aceman sorgen abseits des klassischen Mini-Grills die kantigen Radhäuser samt leichtem Offroadlook für Eigenständigkeit innerhalb der Familie. Damit lassen sich auch die überraschend großzügigen Platzverhältnisse erahnen. Hinten sitzen ist keine Strafe.
Das vor Originalität sprühende Interieur sieht man halt nur von der Ferne. Sitzbezüge aus Kunstleder „Vescin“, Armaturenbrett und Türverkleidungen aus petrolfarbenem Strickmaterial und ein kreisrunder Touchscreen tragen mehr Kreativität in einem Modell in sich, als anderswo ein gesamtes Sortiment. Dass die Verarbeitung ohne jeden Tadel ist versteht sich von selber. Die leicht durchschaute Bedienung weniger. Tatsächlich ist das OLED-Display mit 9,2“ zwar nicht das größte seiner Art, aber ein Vorbild in Sachen Aufbau und Übersicht.
Die verliert man auch nicht beim Preis. Es ist zu wählen zwischen vier überwiegend die Optik betreffenden Trims, die Ausstattung splittet sich in fünf Pakete von XS bis L, wir empfehlen „M“ wie Mitte. Für den SE starten die Preise bei 38.952,00 EUR.
Echt lässig: Dass MINI auch elektrisch kann.
Echt stressig: Mal mehr mal weniger je nach Geschmack der künstliche Soundgenerator.
Echt fett: Das einzigartige und fast schon anbetungswürdige Interieur.
Echt schade: Der zwar erwartbare und auch erklärbare, am Ende aber trotzdem hohe Preis.
Daten MINI Aceman SE
Motor: 49,2 kWh Lithium-Ionen-Batterie (Netto)
Leistung: 218 PS
Max. Drehmoment: 330 Nm
Reichweite: ca. 330 km
Vmax: 160 km/h
0 auf 100 km/h: 7,1 Sek
Preis ab EUR 38.952,00