Die Lieferschwierigkeiten manch Hersteller bringen gar seltsame Stilblüten zu Tage. So fuhren wir den überarbeiteten Focus mit dem Interieur seines Vorgängers.
In letzter Konsequenz fahren wir hier quasi eine limitierte Sonderedition, passender Name wäre eventuell „Aus einer Not eine Tugend machen“-Modell. Viel zu lang, eh klar, aber in der Sache trifft es den Nagel doch recht zentral auf dem Kopf. Aber ja, was sollte Ford auch anderes machen? Die Hände in den Schoß legen und darauf hoffen, dass der russische Despot eine Umschulung zum Friedenswächter macht?
Definitiv keine Option, trotzdem, man muss Ford für seinen Mut für unkonventionelle Ideen loben. Die Frage ist, ob das denn im Alltag auch funktioniert, ob die Mischung aus modernem Exterieur (neuer Kühlergrill, aufgewertete LED-Lichter) und etwas angestaubtem Interieur eine Gute ist. Unserer Erfahrung nach schon. Das liegt in erster Linie am Focus selber. Ein erfolgreicher und überall bekannter Kompakter, der als Hot Hatch-Version genauso überzeugt wie in eher vernünftigen Varianten.
Genau eine solche war auch unser Testwagen. Wir erhaschten über die Feiertage einen 125 PS starker Ecoboost Mildhybrid in der sportlichen ST-Line. Allein schon der Motor macht klar, dass hier Worte wie „alt“ oder „überholt“ überhaupt nichts verloren haben. Der Turbo-Dreizylinder ist voll am Puls der Zeit, 170 Newtonmeter sorgen ab 1.400 Umdrehungen für ausreichend Schub und feine Fahrleistungen. Typisch Ford ist das manuelle 6-Gang-Getriebe von der knackigen Sorte, und von dem her in Sachen Fahrerlebnis eher Vor- als Nachteil.
Ebenfalls typisch Ford ist das knackige Fahrwerk. Als ST-Line liegt der Focus noch etwas straffer, manchem mag das in Anbetracht der bürgerlichen Leistung zu viel des Guten sein, da gilt es abzuwägen. Querdynamisch ist das jedenfalls großes Kino und auch in der ruhigen Weihnachtszeit ein Grund zum Schreien. Völlig ident mit dem Vorgänger sind naturgemäß die Platzverhältnisse. Sprich viel Platz in der ersten Reihe, angenehme Bewegungsfreiheit auch auf der Rückbank und ein nicht überragend großer, aber doch gut dimensionierter Kofferraum.
Am ehesten kennt man unserem Focus sein Alter am, wie könnte es anders sein, Interieur an. Analoge Instrumente und ein etwas angestaubtes Design vom 8“ Touchscreen fallen auf, detto die analoge Bedieninsel für die Klimasteuerung. Aber, und jetzt Obacht, in gut fünf Sekunden sind Sitz- und Lenkradheizung am Laufen, ist die beheizte Windschutzscheibe am abtauen. Zwei Minuten später ist es schon wohlig warm, manch moderne Systeme sind da noch am überlegen, ob ein Start wirklich notwendig ist.
Auch ist die Bedienlogik und Menüführung ein Genuss, große Icons lassen die etwas altbackene Darstellung leicht verschmerzen. Und an den Möglichkeiten von Ford SYNC3 wird sich auch nur wer stoßen, der SYNC4 kennt. Der große Rest wird damit genauso zufrieden sein, wie mit dem Angebot an Assistenzsystemen und deren Arbeitsweise. Preislich lag unser 1.0 Ecoboost ST-Line „Style“ samt einiger Extras bei attraktiven 31.100,00 EUR.
Echt lässig:
Wie frisch er als ST-Line in Chrome Blue Metallic aussieht.
Echt stressig:
War sicher die Entscheidung für dieses Modell. Keine Sorge Ford, ihr habt alles richtig gemacht.
Echt fett:
Preis-Leistungsverhältnis.
Echt jetzt:
Das wir trotzdem gern das neue Interieur testen würden.
Daten Ford Focus Ecoboost Hybrid 1.0 ST-Line „Style“
Motor: 3-Zylinder Turbobenziner
Leistung: 125 PS
Max. Drehmoment: 170 Nm / 1400 U.
Testverbrauch: 6,1 Liter
Vmax: 198 km/h
0 auf 100 km/h: 10,2 Sek
Preis ab EUR 29.100,00