Der aktuelle Ford Fiesta wartet bereits auf seinen Nachfolger. Doch leises Abtreten ist seine Sache nicht, wie der ST200 eindrucksvoll beweist.
Man kennt das ja, ein Modell steht unmittelbar vor der Ablöse, die Verkaufszahlen sind, na ja, ausbaufähig. Ein probates Mittel dagegen sind Sondermodelle, „Last Editions“ quasi. Aufgefettet mit Extras, die mitunter nicht nur preislich umsonst sind, aber dem Dahinscheidenden zu einem letzten statistischem Frühling verhelfen sollen. Ford dagegen pfeift auf die Statistik und bringt mit dem Fiesta ST200 etwas fürs Herz, fürs Gemüt. Schon auch voll mit Extras, aber noch mehr mit PS, Drehmoment und Bauteilen aus der Sportabteilung.
Jetzt könnte man sagen, 200 PS in einem Kleinwagen sehen nur Akne-Geplagte als erstrebenswert.
Denen wiederum beim Preis von EUR 31.297,53 für unseren Testwagen die ersten Schamhaare ausfallen. Ist der ST200 also ein fahrender Widerspruch? Mitnichten, denn der Maximal-Fiesta ist ein echter, ein erwachsener Racer. Für erwachsene Racer. Sicher, es kann schon sein, dass einem der Audi TT-Fahrer an der Ampel nicht so ganz für voll nimmt. Der sieht zwar die hinreißend schöne „Storm Grey“-Lackierung, die 17“-Felgen in Mattschwarz und vielleicht auch noch die roten Bremssättel. Aber echte Gegner sehen anders aus.
6,7 Sekunden später ist der Fiesta bereits 100 km/h schnell und das Gesicht des TT-Fahrers um ein bis zwei Falten reicher.
Er hat recht behalten, Gegner sehen tatsächlich anders aus. Für den ST200. Ford entlockte dem 1,6 Liter-EcoBoost noch einmal 18 PS und 50 Newtonmeter, so dass am Ende brutal anschiebende 200 PS und 290 Newtonmeter auf der Habenseite stehen. Was die mit 1.088 Kilo Lebendgewicht anstellen können, erinnert am ehesten an eine Flipperkugel. Brachial stürmt der Fiesta jeder Kurve entgegen, es folgt ein kräftiger Tritt in die Eisen, zwei Gänge im knackigen 6-Gang-Handschalter runter, Vollgas. Nächste Kurve. Stop&Go in seiner schönsten Form, begleitet von einer recht ambitionierten Soundkulisse. Und das paßt auch so. Wo kämen wir denn hin, wenn das Fahrwerk knochentrocken und die Recarositze eng anliegend sind, aber der Sound wäre ein Hauch von nichts?
Soviel Unvernunft muss erlaubt sein, erst recht wo der Fiesta an den richtigen Stellen sehr wohl vernünftig sein kann. Er hat zum Beipsiel eine aktive Fahrdynamikregelung für die optimale Verteilung der Antriebskräfte. Oder einen Verbrauch, der im Schnitt ohne großes Kasteien um 7 Liter liegt. Auch die recht feinen Platzverhältnisse wären zu erwähnen. Und die Ausstattung, wo Ford Sync inklusive Navi, Rückfahrkamera und das MyKey Schlüsselsystem Akzente setzen.
Nicht ganz mithalten mit der Quer- und Längsbeschleunigung kann die Gestaltung des Interieurs oder das Aufkommen an modernen Assistenzsystemen. Wie wohl, autonomes Fahren, und sei es nur für drei Sekunden zwischen zwei Leitlinien, ist so ziemlich das Letzte, was einem im Ford Fiesta ST200 in den Sinn kommt. Es ist der famose Antrieb, das agile Handling und das höchst dynamische Blechkleid, was den kleinen Spaßmacher charakterisiert. Wer da Lenkeingriffe und Bremsunterstützung vermißt, ist selber schuld.
Was er kann:
Auf knuffig machen. Und dann zubeißen.
Was er nicht kann:
Nasse Straßen mag er nicht so.
Extralob gibt es:
Die Recarositze sind schon super.
Ändern würden wir:
An einem Auto für Liebhaber wird aus Prinzip nix geändert.
Daten Ford Fiesta ST200
Motor: 4-Zylinder Turbo-Benziner
Hubraum: 1.596 ccm
Leistung: 200 PS
Max. Drehmoment: 290 Nm bei 2500 U.
Testverbrauch: 7,3 Liter
Vmax: 230 km/h
0 auf 100 km/h: 6,7 Sek.
Preis ab EUR 28.300,00