Ganz vereinzelt gibt es sie noch in dieser glattgestrickten Welt, diese Autos, die sich nicht in irgendwelche Vernunftkategorien einordnen lassen. Sie dienen alleine einem Zweck: Der Befriedigung des automobilen Spieltriebs.
Und genau so ein Spielzeug kauert jetzt vor mir auf dem Parkplatz der Mühlviertler Firma JUBU Performance: Nennt sich Caterham SEVEN 275R und sieht schon am Stand einfach herrlich schräg aus. Alleine schon farblich: Beige Grundlackierung mit zwei fetten orangen Längsstreifen – muss man sich trauen. Das restliche Layout ist schnell erklärt: Lange Schnauze, Mini-Windschutzscheibe und zwischen den Hinterrädern zwei Schalensitze. Sitzen auf der Hinterachse – so ist das bei Caterham.
Weniger ist mehr – minimalistischer als im Caterham geht’s eigentlich nicht. Außer vielleicht in einem Rennwagen.
Vorne zwei glotzende Scheinwerfer – perfekt zum Anvisieren der Kurven. Über den freistehenden Vorderrädern schwarzglänzende Carbon-Kotflügel. Der Vierzylinder unter der langen mit zahlreichen Kühlschlitzen versehenen Haube hat nicht – wie die Modellbezeichung suggeriert – 275 sondern 150 Pferde – diese sollten angesichts der 550 Kilo Fahrzeuggewicht aber auch locker ausreichen. Es folgt eine minimalistische Windschutzscheibe mit zwei lustigen – eher hilflos aussehenden – Scheibenwischern. Dahinter ein in einem Stück gebackenes Carbon-Dashboard mit einigen verstreut angeordneten Anzeigen und Kipphebel sowie das handtellergroße Momo-Lenkrad – freilich ohne Servounterstützung.
Türen gibts keine. Türen werden sowieso überbewertet.
Wer möchte, montiert wackelige Seitenscheiben. Die sehen zwar nicht ganz so toll aus, schützen aber doch ganz gut vor dem zu erwarteten Hurricane. Ganz hinten der Überrollbügel und eine Art Zeltplane, die man, wenns doch mal regnen sollte, als Dach verwenden kann – die Zeltbau-Kenntnisse vom letzten Pfadfinderlager sind dabei höchst vorteilhaft. Das war’s dann im Groben schon.
So zierlich diese fahrende Zigarre auch wirkt, sie ringt mir schon am Stand jede Menge Respekt ab.
Martin Jung – Caterham und Lotus-Generalimporteur in Österreich und seines Zeichens die Instanz, wenn’s um leichtgewichtige Fortbewegung geht, macht sich an die Einweisung. Die braucht man – auch wenn das Fahrzeug offensichtig einfach gestrickt wirkt. Das fängt beim Blinken an – hinter dem abnehmbaren Lenkrad gibts nämlich keinerlei Lenkstockhebel. Geblinkt wird per Kippschalter – und zwar laut piepsend. Den Zeltbau erklärt mir Jung nicht – das Wetter schaut gut aus. Also rein in die Kiste.
Ich fädle meine Storchenbeine in den schmalen Schacht unterm Lenkrad (hätte ich es doch vorher demontiert…) und lasse mich in den Fahrersitz plumpsen. Blöd, dass ich erst jetzt draufkomme, dass das Ding H-Gurte hat. Jetzt sitze ich auf dem Gurtschloss und mein Bewegungsspielraum gewegt sich derweil gegen Null. Schwitzend fädle ich die vier Gurte unter mir hervor – gottseidank sind die Längen schon halbwegs passend. Meine Füße tasten einstweilen nach den Pedalen – diese sind nicht sichtbar und liegen relativ eng beeinander. Gut, dass ich mein Schuhwerk wohlweislich schlank gewählt habe.
Durchschnaufen und Schlüssel ins Schloss gefummelt. Transponder auf scharf und den dicken Startknopf gedrückt. Rau grummelnd hustet der Motor sein Leben durch den Sidepipe-Auspuff ins Freie. Puh – da war definitiv kein Sound-Ingenieur am Werk – der Krach ist echt und ehrlich! Superpräzise und hart klackend rastet der erste Gang ein. Wer bisher geglaubt hat, dass ein Mazda MX-5 kurze Schaltwege hat, wird hier eines besseren belert. Die Schaltwege im Caterham betragen gefühlte zwei Zentimeter – so muss das sein – einfach herrlich.
Los geht’s! Kupplung kommen lassen und mit ein wenig Gas rolle ich an. Jetzt lässt sich gottseidank auch das Lenkrad bewegen – am Stand: keine Chance. Der Grund: Zuwenig Hebelwirkung am Mini-Lenkrad gepaart mit fehlender Servolenkung. Jetzt in Fahrt funktioniert die Lenkung super-direkt und super-präzise. Besser gehts eigentlich nicht. Der Motor dreht rasend hoch – den kleinen Schaltblitz hinterm Lenkrad brauche ich aber dennoch nicht. Ich schalte lieber gleich hoch. Raus auf die Bundesstraße. Will blinken. Greife ins Leere. Ah Kipphebel!
Überraschend satt liegt der Caterham auf der Straße, dank Rennfahrwerk gibts kaum Nervosität im Bebälk. Zumindest wenn die Straße ordentlich ist. Die Geräuschkulisse nimmt derweil ungeahnte Ausmaße an. Vorne schreit der Motor lautstark, neben mir brüllt der Auspuff und der Wind braust mir auch noch um die Ohren. Ich cruise mit Achtzig durch die Gegend und es fühlt sich an, als wäre ich mit 150 Sachen unterwegs. Spaß macht’s trotzdem. Vor allem diese extrem niedrige Sitzposition sorgt für ganz neue Fahreindrücke.
Langsam werde ich schneller und auch der Caterham verändert sein Wesen. Jetzt klingt er irgendwie runder und auch das Fahrverhalten wird geschmeidiger. Man merkt, für’s schnelle Fahren wurde dieses Auto gebaut. So richtig daheim ist der Caterham wahrscheinlich auf der Rundstrecke. Auf der Bundesstraße reicht der Hunderter locker – da ist dann auch egal, ob die Reifen warm sind. Stadtfahrten haben insorfern ihren Reiz, als dass man dann endlich die hübschen Logos auf den Radnaben der nebenherfahrenden Autos studieren kann. Für alles darüber müsste man seinen Kopf verrenken. Spätestens beim ersten Einparkmanöver bereut man dann aber den City-Abstecher garantiert.
Für wen ist der Caterham nun interessant?
Auf den Punkt gebracht: Für reiche Motorradfahrer, die sich vor dem Umfallen fürchten oder aber schlicht für Leute, die 100-oktaniges im Blut haben. Billig ist der Caterham 275R nicht – er kostet EUR 47.639,-. Alle anderen, die sich das nicht leisten wollen oder können, sollten zumindest einmal damit gefahren sein – Martin Jung von JUBU Performance befriedigt Bedürftige um relativ kleines Geld auch halbtageweise.