Ein elektrisches City-SUV mit überschaubaren 156 PS taugt primär wenig um für Fahrfreude zu sorgen. Es sei denn es kommt aus dem Hause Alfa.
Wir haben an dieser Stelle schon öfters den tendenziell steinigen Weg mancher Marken weg vom fossilen hin zum elektrischen Antrieb erwähnt. Je emotionaler besetzt desto schwieriger, und man muss jetzt kein totaler Kenner der Szene sein um einschätzen zu können, dass Alfa sich ordentlich ins Zeug legen muss. Man hat das auch getan, um sich beim neuen „Milan“ beim Namen gleich selber ein Bein zu stellen. Jetzt heißt er „Junior“, ist historisch eh auch gut verifizierbar.
Sei´s drum, so wie der neue Einstiegs-Alfa aussieht hätten sie ihn auch „Rübezahl“ nennen können. Sein Design ist einzigartig und fast frivol aufregend, da kommt kein Konkurrent von wo auch immer nur ansatzweise an ihn heran. Das ist eh essentiell, denn als Teil des Stellantiskonzerns teilt sich der Junior die Basis mit eh guten aber weit weniger betörenden Modellen wie Jeep Avenger oder Fiat 600e. Aber auch hier gilt „sei´s drum“, er könnte auch mit einer Scheibtruhe verwandt sein, so gut wie der…eh schon wissen.
Interieur und Exterieur schenken dabei einander nichts, die Augen sind quasi einer Dauerbespaßung ausgesetzt. Die klassische Stärke ist bei Alfa seit jeher die Front, auch beim Junior macht der zentrale Scudetto samt aufwendig inszenierter LED- Lichtsignatur mächtig Eindruck. Doch dieses Mal muss er sich die Aufmerksamkeit mit dem Heck teilen. „Coda Tronca“ nennt Alfa den bogenförmigen und ziemlich kecken Hintern. Soll an die legendäre Giulia TZ erinnern, verfehlt seine Wirkung aber auch ohne dieses Vorwissen nicht.
Unser „Speciale“- Testmodell erfährt via Body-Kit, abgedunkelten Scheiben und 18-Zöllern in Diamantoptik noch eine zusätzliche Verschärfung. Das sollte man sich schon gönnen, genauso wie die optionalen Pakete „Technologie“ und „Sport Interieur“. Damit halten so feine Dinge wie Matrix-LED, Keyless, Sabelt-Sportsitze und massiver Einsatz von Alcantara Einzug. Ergibt ein stimmungsvolles und der Außenwirkung ebenbürtiges Ambiente voller Dynamik und Emotion, fein verarbeitet sind die Materialien sowieso.
Ob bei derart viel Machismo die 156 PS mithalten können? Ja können sie, es liegt halt wie immer an der Erwartungshaltung. Anders gesagt, will man ein als fescher Alfa verkleidetes flottes City-SUV wird man rundum zufrieden sein. Im Sport-Modus machen 260 Newtonmeter einen feinen Job, druckvoll und spontan sprintet der Junior in 9,0 Sekunden auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 150 km/h, 350 Kilometer sind eine realistische Reichweite, maximal geladen wird der Alfa mit 100 kWh.
So weit so bekannt aus seinen Stellantis-Geschwistern. Querdynamisch tun sich aber erfreuliche Unterschiede auf. Der Junior macht in Kurven richtig Spaß. Präzise Lenkung, kräftige Bremsen, nur minimales Untersteuern und ein knackiges Fahrwerk zauberten uns ein Lächeln ins Gesicht. Der Preis übrigens auch, als richtig gut ausgestatteter „Speciale“ startet der Alfa Junior 41.900,00 EUR. Nur zur Sicherheit und bei unbedingtem Wunsch nach mehr Power: Der 280 PS starke „Veloce“ ist mit 48.900,00 EUR zu Hause auch gut erklärbar.
Echt lässig:
Was Alfa aus einer langweiligen Combi aus E-Motor und City-SUV macht.
Echt stressig:
Im Winter voraussichtlich die Reichweite.
Echt fett:
Alcantara drin, „Rosso brera“-Metallic draußen.
Echt schade:
Dass der 136 PS starke mild-hybride Benziner über 10.000,00 EUR günstiger ist.
Daten Alfa Romeo Junior Elettrica Speciale
Motor: 51,0 kWh Lithium-Ionen-Batterie (Netto)
Leistung: 156 PS
Max. Drehmoment: 260 Nm
Reichweite: ca. 350 km
Vmax: 150 km/h
0 auf 100 km/h: 9,0 Sek
Preis ab 41.900,00 EUR